Brief der Tochter eines Alkoholikers:

„Mann spricht oft über Drogensüchtige, Alkoholiker, Personen, die kein daheim mehr haben. Nun bin ich auch schon alt geworden, und bin die Tochter einer dieser Leute. Mein Vater war ein guter Mensch, von einer außergewöhnlichen Intelligenz. Aus vielen verschiedenen Problemen, die zwischen Vater und Mutter entstanden waren, hat sich Vater entschlossen von der Familie wegzuziehen. So begann sein Kreuzweg: er begann zu trinken, ließ sich gehen, verlor seine Arbeit. Sein Zuhause war immer öfter die offene Straße, wo er zum Säufer und Bettler wurde. Was hätte ich damals schon tun können? Ich war erst 10 Jahre alt, als sie mir sagten, sie hätten mein Vater im Nachbarsdorf gesehen, wie er bettelte und sich betrank. Ich schämte mich und weinte.

Ich war noch klein und vermisste ihn sehr. Ein anders mal sagten sie, Ihn gesehen zu haben, wie er bei den Kapuzinern um die Suppe bettelte. Und ich weinte weiter. Ich fühlte mich einsam und betrogen. Eines Tages begegnete ich ihm auf der Straße. Er war betrunken. Beide haben wir geweint und haben eine große leere in uns gespürt. Niemand gab ihm eine Hand. Ich bin ohne ihn aufgewachsen und habe mich im Leben durch die verschiedensten Arbeiten durchgeschlagen. Wenn ich wusste wo er sich aufhielt, versuchte ich ihm etwas zukommen zu lassen. Er blieb aber fremd und kam immer tiefer in seiner Seelennot hinein.

Sein Weg dauerte viele Jahre und es wurde immer mehr ein Weg des Kreuzes, für ihn und für mich. In den letzten Monaten seines Lebens konnte ich öfters bei ihm sein. Ich versuchte ihn jeden Tag zu sehen und seine Hand in meine zu legen. Das tat uns gut. Er starb in meinen Armen. Nun stelle ich ihn mir gerne im Himmel vor. Für ihn war das Fegfeuer schon hier auf Erden. Am meisten gelitten hat er unter dem Unverständnis und der Einstellung ihm gegenüber von seiten seiner Verwandten. Er hätte sich so nach Liebe gesehnt, und ist an der Lieblosigkeit der Welt zugrunde gegangen. Menschen wie mein Vater, brauchen ihre würde. Geben wir sie ihnen zurück: wir werden sie vor Freude weinen sehen.

P. V.
Donnerstag, 28.04.2011 11:18